Ann-Catherin Karg
Hannelore Hoger
Hannelore Hoger über Vertrauens-Missbrauch
Interview: Einsamkeit ist gefährlich
Hannelore Hoger ist eine viel beschäftigte Frau. Die 66-jährige Hanseatin ist Schauspielerin, Theaterregisseurin und tourt auf Lesereise durch die Republik. Dem deutschen Fernsehpublikum ist sie vor allem durch die Krimiserie "Bella Block" ein Begriff. Anlässlich ihres neuen Falles "Bella Block - Falsche Liebe" trafen wir uns mit der Schauspielerin und sprachen mit ihr über die Gemeinsamkeiten von Liebe und Finanzkrise.
erschienen am 20. 11. 2008
Ann-Catherin Karg
Hannelore Hoger
Filmreporter.de: "Falsche Liebe" ist die 25. Folge der Bella Block-Reihe, die seit 1993 produziert wird. Warum funktioniert dieses Konzept seit so langer Zeit?

Hannelore Hoger: Weil es nicht ununterbrochen im Fernsehen zu sehen ist. Die Serie ist vielen erst vor vier bis fünf Jahren ins Bewusstsein gekommen. Durch die Wiederholungen und obwohl wir gar nicht so viel gedreht haben. In den ersten acht Jahren haben wir pro Jahr nur eine Folge gedreht. Dann zwei, das ist nicht so viel. Die Leute kommen zu mir und fragen: "Wann sehen wir Sie denn endlich wieder?" Die Seltenheit hat sicher etwas mit dem Erfolg zu tun, und die Filme sind eben gut. Und die Figur auch. Die interessiert nicht nur Frauen, auch Männer begeistern sich dafür. Das hat damit zu tun, dass Bella Block eine normale, bodenständige Person ist. Trotzdem vertritt sie ihre Meinung, ergreift Partei, zeigt Gefühle. Das mögen die Menschen, mit dieser Figur können sie sich identifizieren. Die sieht ja auch normal aus, manchmal ein bisschen besser und manchmal ein bisschen schlechter. Man erfährt etwas über ihr Privatleben, und natürlich haben die Fälle interessante Themen.

Filmreporter.de: Inwiefern können Sie sich selbst mit Ihrer Figur identifizieren?

Hoger: Ich bin eine Schauspielerin und nicht Bella Block. Mit dieser Figur kann ich mich aber natürlich sehr viel eher identifizieren, als wenn ich zum Beispiel Elisabeth von England spielen würde. Übrigens spiele ich gerade die Katharina von Medici. Die ist mir ganz fremd. Das gehört zum Beruf, dass einem die Figuren unterschiedlich nahe sind. Ich bin eine Schauspielerin, die Figuren zu sich heran zieht. Aber ganz identifiziere ich mich nie; ich brauche den Abstand. Mir selber bin ich nicht vollkommen fremd, obwohl ich auch nicht weiß, wer ich bin. Das können andere vielleicht besser sagen. Auf jeden Fall kann ich mich mit Bella Blocks Gerechtigkeitssinn, ihrer Freude am Leben, ihrer Konfliktbereitschaft, ihrer Liebe zum Beruf, ihrer Neugierde und ihrem Interesse an Menschen identifizieren.

Filmreporter.de: In "Falsche Liebe" sagen Sie "Ich bin eine romantische Seele". Trifft das auch auf Sie zu?

Hoger: Weiß ich gar nicht, was ist denn eine romantische Seele? Man glaubt noch an…

Filmreporter.de: Liebe…

Hoger: Daran glaube ich auch noch. Liebe ist ja ein Überbegriff für Vieles. Liebe ist ein schwieriges Feld, wenn man sie ernst nimmt. Es gibt ja verschiedene Sorten wie Geschwister- oder Elternliebe, die Liebe zum Mann, zum Hund, zur Natur, zum Leben usw. Ich glaube an Zuneigung, an Sympathien, an Zärtlichkeit, Großzügigkeit, Achtung. Wenn man älter wird werden diese Dinge wichtiger.
Ann-Catherin Karg
Hannelore Hoger
"Wachsam, wie ein Hund"
Filmreporter.de: Was ist mit der großen romantischen Liebe?

Hoger: Na, ja. Die Bella Block ist da auch vorsichtig und traut dem Charmeur nicht so ganz. Sie ist sehr wachsam, wie ein Hund, der Gefahr wittert.

Filmreporter.de: Aber sicher ist sie sich erst, als sie das Phantombild sieht.

Hoger: Sie hat vorher schon einen Verdacht. Aber die Bella Block legt ihre Karten nicht gleich auf den Tisch. Kann sein, dass sie mit ihm spielt oder es erst eine Weile andersherum läuft. Wir hatten schon einmal einen ähnlichen Fall, da hat sie sich sogar auf den Verbrecher eingelassen.

Filmreporter.de: Wieso fallen so viele Frauen auf den Heiratsschwindler herein?

Hoger: Die Frauen im Film sind einsam und brauchen Nähe. Menschen brauchen einander. Es ist erwiesen, dass ein Kind, das keine Zuwendung physischer Art bekommt, stirbt. Es gibt Leute, die skrupellos genug sind das auszunutzen. Da kann man eine Parallele zur Bankkrise ziehen. Es ist eine ähnliche Skrupellosigkeit mit der Menschen das Vertrauen anderer missbrauchen. In meinen Augen ist das perfide. Manche können oder wollen sich nicht in einen anderen hineinfühlen. Ich denke, dass solche Männer Frauen im Grunde genommen verachten.

Filmreporter.de: Was glauben Sie denn, warum manche Menschen so sind?

Hoger: Die menschliche Natur ist ganz offensichtlich so angelegt, sonst würde das nicht immer wieder vorkommen. Sie strebt nach Macht, nach Überlegenheitsgefühl, nach Ausgrenzung, Beherrschung. In der Tierwelt ist das anders, oder haben Sie dafür ein Beispiel?
ZDF/Stephan Persch
Bella Block - Falsche Liebe
Filmreporter.de: Manche Bullen töten die Jungtiere, wenn sie neu in eine Herde kommen. Sie können sich dann schneller fortpflanzen und lassen nur ihre eigenen Gene weiterleben.

Hoger: Löwinnen haben da einen Trick. Sie schlecken erst den neuen Löwen ab und anschließend ihre Kinder. Der eigene Geruch hält ihn dann ab, die Kinder zu töten. Tiere sind mit besseren Instinkten ausgestattet, beim Menschen sind die oft verkümmert. Menschen streben nach Macht über andere Menschen, aber die darf doch eigentlich nur der liebe Gott haben.

Filmreporter.de: Glauben Sie an den lieben Gott?

Hoger: Wenn der liebe Gott das Gewissen des Menschen ist und ihn zum Guten mahnt. Ich glaube an die zehn Gebote.

Filmreporter.de: Für eine Kommissarin im Dienst ist Bella Block ziemlich alt. Wie schwer ist es denn, im Alter gute Rollen zu bekommen?

Hoger: Ich kann mich wirklich nicht beklagen. Außerdem drängen die Jungen doch nach. Ich kann auch noch andere Dinge tun. Ich kann Regie führen, Theater spielen und Lesungen machen und mich auch mal ohne Arbeit meines Lebens freuen. Abraham kann noch mit 80 ein Kind zeugen. Für Frauen ist das bekanntlich schwierig. In meinem Beruf haben auch die Alten noch Chancen. Toll!
Ann-Catherin Karg
Hannelore Hoger beim Fototermin zu "Bella Block"
Hannelore Hoger: kreative Leute will man nicht haben
Filmreporter.de: Ist es heute schwieriger gutes Fernsehen zu machen?

Hoger: Ich habe neulich einen Artikel in der FAZ gelesen. Von Regisseur Rolf Silber, der seine Situation beschreibt und wie er beim Fernsehen behandelt wird. Gute, kreative Leute will man nicht so richtig haben, die sind zu kompliziert, zu schwierig. Kreative Kräfte brauchen Freiheit, die können nicht auf Knopfdruck kreativ sein. Und das kostet Zeit und Geld. Das Fernsehen hat das Geld, um auch diesen Leuten Raum zu geben.

Filmreporter.de: Die Bella Block zitiert ja gerne und Sie selbst sind auch sehr Literatur-affin. Was ist Ihr Lieblingszitat?

Hoger: Es gibt einen schönen Satz von der großen italienischen Schauspielerin Eleonora Duse: "Wo Du nicht lieben kannst gehe vorüber."

Filmreporter.de: Sie hatten Schauspielunterricht bei Lee Strasberg

Hoger: Ich habe ihn in Bochum kennen gelernt, als er seine Method Acting vorgeführt hat. Und er hat mit mir gearbeitet.

Filmreporter.de: Wie war das Arbeiten mit ihm?

Hoger: Erstaunlich. Großartig. Aber das würde jetzt hier zu kompliziert sein, es zu erklären. Wozu auch. Später waren wir mit einer Gruppe zu einem Crash-Kurs in Los Angeles.

Filmreporter.de: Moritz Bleibtreu hat gesagt: "Ich glaube nicht, dass ich mir aufs Maul hauen lassen muss, um zu wissen wie es ist, aus der Nase zu bluten. Dafür bin ich ja ein Schauspieler."

Hoger:. Manchmal wäre es besser, er würde schweigen. Besonders, wenn er von der Sache nichts versteht.

Filmreporter.de: Wie geht es mit Bella Block weiter?

Hoger: Der nächste Film ist "Der Fall Bella Block". Es gibt auf jeden Fall Veränderungen. Sowohl beruflich als auch privat. Aber mehr darf ich nicht verraten.

Filmreporter.de: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 20. November 2008
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2024