Constantin Film
Jim Carrey will nicht vergessen...
Zutiefst menschlicher Film über die Liebe
Interview: Drehbuch trifft Nerv
Was sich fast schon ein wenig wie eine lebensfremde Science-Fiction-Geschichte anhört, ist in Wirklichkeit ein zutiefst menschlicher Film über die Liebe und unsere Erinnerungen an sie. Im neuen Charlie Kaufman-Film "Vergiss mein nicht!" spielt Komiker Jim Carrey einen introvertierten Langweiler, dem Humor ganz und gar fremd ist. Das erfordert Talent!
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erschienen am 19. 05. 2004
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Jim Carrey auf einer schwierigen Mission
Ricore: Können Sie diese Rolle mit sich selbst vergleichen?

Jim Carrey: Die meisten Menschen scheinen zu denken, dass ich das kann! (lacht) Das Drehbuch hat einen Nerv getroffen. Wenn man eine Rolle spielen kann, die Erfahrungen macht, die man selbst mal machte, dann ist das eine wunderbare Sache.

Ricore: Wenn Sie einen Film wie diesen machen, der sich von ihrer üblichen Komödie unterscheidet, haben Sie Bedenken, dass er nicht kommerziell genug ist?

Carrey: Ich höre oft die Frage, ob ich Angst habe, dass das Publikum dem Film vielleicht nicht folgen kann, weil sie mich in anspruchsvolleren Rollen nicht akzeptieren. Ich bin davon überzeugt, dass Zuschauer einen Film finden, nicht umgekehrt. Ich prostituiere mich nicht für mein Publikum. Ich sagte nie, das ist die Zielgruppe, die ich erreichen will. Ich mache meine Arbeit, das ist alles. In diesem Fall gibt es keine Spezialeffekte. Der Spezialeffekt ist das Drehbuch, es ist - geben wir es doch zu - Charlie Kaufman.

Ricore: Im Film lassen Sie sich Teile Ihrer Erinnerungen aus dem Gedächtnis löschen. Wenn das im Leben möglich wäre, welche Erinnerungen würden Sie gern los werden?

Carrey: "Die Entenfabrik", die TV-Serie, die ich mal machte! (lacht) Nein, viele Momente, wo man auf den Knien ist, und hofft, dass sie einem erspart bleiben.

Ricore: Seelische Schmerzen?

Carrey: Nein, nein, nein, nein! Ich liebe meine seelischen Schmerzen! Das sind meine Freunde. Mein Schatten ist mein Freund.
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Vergiss mein nicht!
Ricore: Was halten Sie von der Idee, dass man die Erinnerung an gewisse Menschen streichen kann?

Carrey: Wenn das wirklich möglich wäre, wäre es die zweitgrößte Industrie nach den Valentinstag-Karten! Vielleicht sogar größer. Ich hätte mich dem schon oft unterzogen, besonders am Valentinstag. Das ist ein Scheiß-Tag, wenn man gern mit jemandem zusammen sein würde, der das nicht will. Ganz ernsthaft gesagt, ist die Idee natürlich nicht gut, denn Menschen sind am allerschönsten, wenn sie es geschafft haben, Schwierigkeiten zu überwinden und am Ende vermögen, mehr Kraft aus dieser Erfahrung zu schöpfen.

Ricore: Sie spielen einen viel introvertierteren Mann, als in den meisten Ihrer anderen Filme. Lieben Sie in Wirklichkeit die Ruhe?

Carrey: Ich meditiere manchmal und ich mag die Ruhe, aber sie ist schwer zu finden. Ich kaufte kürzlich ein Grundstück in Kanada mitten im Wald. Ich freu mich darauf mehr Zeit dort zu verbringen. Mit dem Irrsinn, der mein Leben ist, brauche ich Stille als Gegenpol. Obwohl die meisten Leute glauben, dass ich ein verrückter Partytiger bin, bin ich in Wirklichkeit wie die meisten Komiker: ernsthaft.

Ricore: Wie gut ist Ihr Gedächtnis?

Carrey: Ich weiß nicht ob ich mich an mehr erinnern kann, als andere Leute. Bob Hope konnte bis ans Ende seines Lebens auf die Bühne gehen, und obwohl ihm alles andere schwer fiel, eine Show abziehen, weil er sich so gut an den Ablauf erinnerte. Wenn ich etwas erfinde, und es kommt total aus meinem Kopf, dann kann ich Jahre später noch Seitenweise alles auswendig. Aber dann gibt's wieder Tage, an denen ich mich nicht erinnern kann, wo ich gestern war!

Ricore: Wonach sehnen Sie sich?

Carrey: Nach dieser Art von Film. Dinge, die sich immer verändern, die anders sind als der Mainstream. Ich sehne mich spät nachts nach Pizza! Wenn man keine Sehnsüchte mehr hat, verlässt man diesen Planeten, also bin ich vorsichtig, denn ich wäre noch gern eine Zeitlang hier. Eine große Sehnsucht habe ich ja noch: zehn Kilometer auf der Chinesischen Mauer zu rennen, wenn ich 90 bin. Aber bis dahin will ich nur die Ruhe haben, den Moment zu genießen.

Ricore: Was wollen Sie mit diesem Film erreichen?

Carrey: Die Hoffnung ist, dass ich die Rolle gut genug interpretiere, so dass die Leute nicht im Kino sitzen und denken: das ist Jim Carrey, und er passt in diesen Film wie die Faust aufs Auge! Das ist die größte Gefahr, wenn berühmte Schauspieler in kleinen Filmen mitspielen.
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Jim Carrey wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Die sechsköpfige Familie wohnt zeitweise in einem Wohnmobil. Schon als Schüler entdeckt der spätere Komiker seine Berufung. Mit 15 Jahren ist er mit anderen Stand-Up-Komikern auf kanadischen Bühnen zu sehen. 1985 erhält er seine eigene TV-Show. Ace Ventura - Ein tierischer Detektiv" und "Die Maske" wird Jim Carrey schließlich auch vom Kinopublikum entdeckt. Hintergründigere Rollen in "Die Truman Show" und "Der Mondmann" bringen ihm Lob von den..
Gedächtnisverluste sind in Hollywood sehr beliebt. So verzauberte uns die goldige Doktorfischdame Dorie in "Findet Nemo" mit ihren exzentrischen Erinnerungslücken. In "50 erste Dates" hat Adam Sandler mit dem Kurzzeitgedächtnisverlust seiner Angebeteten zu kämpfen. "Vergiss mein nicht!" handelt von einer eher freiwilligen Art von Gedächtnisverlust. Wie wäre es eigentlich, so die Idee des Films, wenn man seine verflossene Liebe einfach durch eine Art Gehirnzellen-Frischkur aus dem Gedächtnis..
2024