Jean-François Martin/Ricore Text
Jack Black
Liebenswertes Monster
Interview: Jack Black wird zum Riesen
Das kunterbunte Hawaiihemd ist das erste, das an diesem eiskalten Wintertag im Kölner Hyatt-Hotel auffällt. Der Hemdträger ist der stets gutgelaunte Schauspieler und Rocksänger Jack Black. Er stellt die Komödie "Gullivers Reisen - Da kommt was Großes auf uns zu (3D)" vor und begründet im Interview, warum er gerne ein Monster wäre. Auch was er von David Hasselhoff hält, wollen wir wissen und warum er vor allem Socken in seinem Kleiderschrank liebt und nicht zuletzt was es mit dem mysteriösen Wort DualMoCo auf sich hat...
erschienen am 10. 02. 2011
20th Century Fox
Gullivers Reisen - Da kommt was Großes auf uns zu (3D)
Ricore: Herr Black, Wie war die Arbeit mit der neuen CGI-Technik? Haben Sie als der Riese in "Gullivers Reisen - Da kommt was Großes auf uns zu" mit den kleinen Menschen zusammen gedreht?

Black: Nein, wir haben uns fast nie gesehen, denn wir standen uns während eines Drehs nie direkt gegenüber. Aber die anderen Schauspieler haben mich die ganze Zeit off-screen gehört, was ihre Arbeit erleichtert hat. Dafür haben wir für die Dreharbeiten eine brandneue Technik entwickelt. Bei der neuen Technik stehen die kleinen Leute vor einem realen Gebäude, zum Beispiel dem Königspalast, während ich im selben Moment vor einer Miniaturausgabe des Palastes stehe. An beiden Orten wurde also simultan gedreht. Die Kameras waren durch einen Computer miteinander verbunden. Die Technik nennt sich übrigens DualMoCo (MoCo = motion control = Bewegungskontrolle).

Ricore: Jedes Kind träumt davon, einmal auf Zwerge oder Riesen zu treffen. Wurde für Sie mit "Gullivers Reisen" ein Kindheitstraum wahr?

Black: Auf jeden Fall! Dieses Mal durfte ich eine Art Monster spielen, das Anderen Angst einjagt. Ich war so etwas wie King Kong - endlich!

Ricore: Kannten Sie das Buch "Gullivers Reisen" schon vor den Dreharbeiten?

Black: Das einzige was ich wusste ist, dass es in dem Buch um einen Riesen geht, der auf einer von Zwergen bewohnten Insel gefangen genommen wird. Das Buch hatte ich nicht gelesen. Ich kannte den Inhalt also nur grob. Als mich John Davis, Produzent bei 20th Century Fox, vor etwa drei Jahren anrief und fragte, ob ich die Hauptrolle bei einem Film mit dem Titel "Gullivers Reisen" übernehmen wollte, sagte ich ihm zunächst, dass ich gleich zurückrufen würde. Ich las das Buch in sekundenschnelle und liebte es sofort.
20th Century Fox
Jack Black in "Gullivers Reisen - Da kommt was Großes auf uns zu (3D)"
Ricore: Was faszinierte Sie an der Vorlage?

Black: Der Humor des Buches fesselte mich sofort. Jonathan Swifts Werk sagt viel aus. Ich finde besonders faszinierend, dass der Humor - und das Buch wurde vor etwa 300 Jahren geschrieben - heute noch ansteckt. Meine Lieblingskomödien von vor 20 oder 30 Jahren sind heute überhaupt nicht mehr lustig. Es ist also sehr schwierig, Humor am Leben zu erhalten. Doch Jonathan Swifts "Gullivers Reisen" ist heute immer noch so lustig wie damals. Es ist eben ein literarisches Meisterwerk.

Ricore: Was haben Sie bei der filmischen Umsetzung geändert?

Black: Bei unserer Verfilmung haben wir uns natürlich ein paar Freiheiten bezüglich der filmischen Interpretation herausgenommen. Bei meiner Figur sah ich die Möglichkeit, mit verschiedenen Bedürfnissen des Menschen zu spielen, zum Beispiel mit dem Wunsch nach Berühmtheit und nach Respekt, oder dem Wunsch, nicht in der Anonymität der heutigen Gesellschaft unterzugehen.

Ricore: Für einen Film, der so viele Special Effects enthält und noch dazu in 3D gedreht ist, ist es sehr ungewöhnlich, dass er lediglich 90 Minuten lang ist. Sie waren auch Ausführender Produzent. War es Ihre Entscheidung, den Film nicht länger als 90 Minuten zu machen?

Black: Hätte ich als Produzent die Entscheidungen allein treffen können, hätte ich sicherlich einige Aspekte im Film gelassen, die schließlich rausgeschnitten wurden. Der Film wäre wahrscheinlich länger als 100 Minuten geworden. Uns Produzenten war aber vor allem wichtig, nicht zuviel Zeit zwischen den einzelnen komischen Momenten vergehen zu lassen. Für den Fluss eines Films muss man einfach manchmal ein paar Elemente streichen.

Ricore: In "Gullivers Reisen" spielen Sie einen Mann, der keine Ahnung hat, wie er mit Frauen umgehen soll. Wie hätte Sie eine Frau ansprechen sollen, um Ihre ganze Aufmerksamkeit zu bekommen?

Black: Als Jugendlicher war ich fast nur von Menschen fasziniert, denen ich offensichtlich völlig egal war. Ich dachte immer, das müssen die richtig wichtigen Leute sein. Wenn Du also meine Aufmerksamkeit als Jugendlicher ergattern wolltest, musstest Du mich eigentlich nur ignorieren (lacht). Heute bin ich glücklicherweise älter und weiser und mag nur noch die Leute, die mich auch mögen.
UIP
Gut zuhören, Kinder...
Ricore: Wie ist es, als Produzent und Schauspieler an einem Film zu arbeiten? Schlagen zwei Herzen in Ihrer Brust?

Black: Eigentlich nicht, denn die meiste Arbeit eines Produzenten findet zu einer Zeit statt, in der noch keine Schauspieler involviert sind. Produzenten sind dafür zuständig, die Produktion zu formen. Der Produzent ist für das Heuern und Feuern der Mitarbeiter zuständig, fürs Anleiten, fürs Herumschreien, aber auch fürs Flüstern.

Ricore: Was halten die anderen Schauspieler davon, dass Sie nicht nur einer ihrer Kollegen, sondern auch der Boss der ganzen Produktion sind?

Black: Ich würde nie zu einem Schauspieler gehen und ihm irgendwelche Anleitungen zu seiner Rolle geben. Ich denke, damit würde ich meine Grenzen überschreiten, denn das ist der Job des Regisseurs. Sobald man einen Regisseur eingestellt hat, beschränkt sich die Arbeit eines Produzenten nur noch darauf, dem Regisseur die Arbeit zu erleichtern. Als Produzent bist du das Bindeglied zwischen dem Regisseur, der mit seiner Arbeit seine Vision auf den Bildschirm bringt, und den Studios, die das Werk finanzieren.

Ricore: Sie drehten "Gullivers Reisen" in 3D. Ist 3D heutzutage ein Muss für einen Film?

Black: Offensichtlich nicht, denn viele große Filme kommen auch heute noch in 2D heraus, wie zum Beispiel "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - 1". Das hält die Filmstudios natürlich nicht davon ab, ihre 3D-Pläne für die Zukunft zu schmieden. Natürlich muss man sagen, dass 3D eine großartige Technologie ist, die bestimmte Filme immens aufwertet. Man muss aber nicht jeden Film in 3D drehen. Für Dramen wäre das übertrieben. Ich möchte nicht jemanden beim Kaffeetrinken in 3D beobachten. Für Szenen, die von den Effekten leben, ist 3D natürlich ein großer Vorteil, denn auch der Zuschauer hat dabei mehr Spaß.

Ricore: War es Ihre Entscheidung, "Gullivers Reisen" in 3D zu drehen?

Black: Nein, aber ich war sofort dafür als es vorgeschlagen wurde. Ich wusste, dass einige Szenen durch die 3D-Effekte überwältigend werden würden.
UIP
Jack Black, immer ein gutes Vorbild für die minderjährigen Schauspielkollegen?
Ricore: Dürfen Ihre Kinder den Film anschauen?

Black: Sie werden ihn sich sicherlich ansehen, aber ich werde Sie nicht zur Premiere mitnehmen. Die vielen Blitzlichter könnten ihnen Angst einjagen. Sie denken dann, die vielen Menschen greifen mich mit ihren Laserkanonen an (lacht).

Ricore: Verstehen Ihre Kinder, welchen Beruf ihr Papa ausübt?

Black: Der Zweijährige weiß es nicht, aber mein vierjähriger Sohn versteht mittlerweile, dass ich eine öffentliche Person bin. Er bekommt mit, dass ich zeitweise viel Aufmerksamkeit errege.

Ricore: Was sagt er, wenn er Sie auf der Mattscheibe sieht?

Black: Er findet es super. Er lacht, zeigt auf mich und dann auf den Fernseher. Aber er ist eben erst vier Jahre alt. Er versteht es ein bisschen. Aber er versteht nicht, dass ich ein Schauspieler bin und damit meinen Lebensunterhalt verdiene.

Ricore: Schauen Sie gerne Actionfilme?

Black: Auf jeden Fall. Ich liebe Abenteuerfilme, aber am liebsten schaue ich Fantasyfilme. Das Angebot, die Hauptrolle in "Gullivers Reisen" zu übernehmen, war für mich ein glücklicher Zufall, denn ich wollte neben Komödien unbedingt in einem Fantasyabenteuer mitspielen. "King Kong" ist schon lange her und hat viel Spaß gemacht, also war ich glücklich als ich das Angebot bekam.

Ricore: Hatten Sie in Ihrer Kindheit Probleme, von anderen akzeptiert zu werden? Können Sie sich mit Ihrer Filmfigur Lemuel Gulliver identifizieren?

Black: Ich teile mit meiner Figur einige Aspekte bezüglich seiner Unsicherheiten und Zurückhaltung vor allem Frauen gegenüber. Wenn ich früher ein Mädchen mochte, hatte ich große Probleme, einen verständlichen Satz zu formulieren. Außerdem wollte ich damals unbedingt, dass meine Freunde mich im Fernsehen sehen. Ich dachte, das wäre die ultimative Antwort auf all meine Gebete. Als Jugendlicher war meine größte Angst, anonym zu sein.
Jean-François Martin/Ricore Text
Angelina Jolie, Jack Black
Ricore: Ist es für Sie heute normal, sich selbst im Fernsehen zu sehen oder fühlen Sie sich dabei immer noch komisch?

Black: Ich sehe mich gerne im Fernsehen, wenn ich den Film mag, in dem ich spiele. In "Gullivers Reisen" sehe ich mich also sehr gerne auf der Leinwand! Wenn ich nach einem Auftritt allerdings nicht mehr von meiner Performance überzeugt bin, fühlt es sich eher wie ein Fluch an. Dann möchte ich kein Riese mehr sein, sondern lieber unsichtbar werden.

Ricore: Wie verbringen Sie Weihnachten?

Black: Ich bin Jude, wir feiern Hanukkah. Die Feierlichkeiten verpasse ich allerdings dieses Jahr, weil ich derzeit in Europa auf Promotour bin. Aber wenn ich nach Hause komme, bringe ich meiner Familie Geschenke mit. Dieses Jahr werde ich um Weihnachten viel arbeiten, weil der Film in den USA zur Weihnachtszeit in die Kinos kommt.

Ricore: Was war das schlimmste Geschenk, das Sie jemals bekommen haben?

Black: Die schlimmsten Geschenke sind immer Klamotten. Als Kind war es eine Katastrophe für mich, Kleidung zu bekommen. Ich wollte immer nur Spielsachen haben. Ein schlimmes Geschenk, das ich erst kürzlich bekommen habe, war eine Vase. Was soll ich mit einer Vase anfangen? Ich wünsche mir heutzutage eigentlich gar nichts mehr, denn ich habe mittlerweile alles, was ich will. Und wenn ich etwas haben möchte, muss ich mich nur an den Computer setzen und schon ist es mit der Post zu mir unterwegs.

Ricore: Gehen Sie gerne online einkaufen?

Black: Natürlich! Nur Schuhe kaufe ich nicht mehr übers Internet. Sie kommen nämlich immer in der falschen Größe. Man sollte für Schuhe also besser in den Laden gehen und sie dort anprobieren.

Ricore: Mit welchem Geschenk kann man bei Ihnen nichts falsch machen?

Black: Mit Socken! Ich liebe nagelneue Socken! Socken sind das beste Geschenk - ob als Beschenkter oder Schenker - niemand beschwert sich über ein Paket mit frischen, ungetragenen Socken.
UIP
School of Rock: Jack Black
Ricore: Wer ist Ihr erster Zuschauer, wenn Sie einen neuen Witz ausprobieren?

Black: Das ist normalerweise meine Frau. Wenn sie nicht lacht, muss ich schnellstens herausfinden woran das liegt. Ich höre nämlich immer auf meine Frau! Außerdem ist sie viel lustiger als ich.

Ricore: Was können wir als nächstes von Ihnen erwarten?

Black: Ich habe zuletzt an "The Big Year", einer Komödie über Vogelbeobachter mit Owen Wilson und Steve Martin, gearbeitet. Außerdem habe ich gerade einen kuriosen, kleinen Film namens "Bernie" mit meinem Freund Richard Linklater abgedreht. Er führte auch Regie bei "School of Rock". Dann arbeite ich an einem neuen Album meiner Band Tenacious D, auf das die ganze Welt schon sehnsüchtig wartet.

Ricore: Planen Sie eine Tournee?

Black: Zunächst soll unsere neue CD in Deutschland den Goldstatus erreichen, erst dann werdet Ihr uns hier live sehen (lacht). Wie hat David Hasselhoff das nur geschafft? Wahrscheinlich brauchen wir Hasselhoff als Gastsänger auf unserem neuen Album. Vielleicht können wir mit ihm sogar ein Duett singen.

Ricore: Wussten Sie, dass David Hasselhoff glaubt, mit seinem Lied "Looking for Freedom" die Berliner Mauer zum Einsturz gebracht zu haben?

Black: (lacht) Dann hat Hasselhoff ja sogar mehr getan als Pink Floyd! Wahrscheinlich war er sogar die Vorband von Pink Floyd (lacht).
UIP
Rocker auf Abwegen: Jack Black
Ricore: Erkennen Sie die Leute auf der Straße?

Black: Hier weiß ich es nicht. Die meisten Deutschen würden mich wahrscheinlich nicht erkennen. Obwohl, wenn ich mich so betrachte, könnte mein Hawaii-Hemd Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Ricore: Können Sie in den USA genauso unbedarft auf die Straße gehen?

Black: In den Staaten werde ich meistens erkannt wenn ich unterwegs bin. Egal ob ich auf Toilette oder auf einer Bergspitze unterwegs bin, die Leute erkennen mich dort überall.

Ricore: Fühlen Sie sich dann unter Druck gesetzt, komisch sein zu müssen?

Black: Oh ja! Aber es macht mir auch nichts aus, Leute in dieser Hinsicht zu enttäuschen. Wenn ich mich nicht danach fühle, kann ich nicht komisch sein. Ich kann die Witze nicht aus mir herauspressen.

Ricore: Herr Black, vielen Dank für das Interview!
erschienen am 10. Februar 2011
Zum Thema
Musiker und Vollblutkomiker Jack Black hatte seinen ersten Auftritt mit zwölf Jahren für einen Tim Robbins gegründeten Schauspieltruppe. Nach kleineren Rollen in Serien wie in der Fernsehserie "Akte X", schaffte er mit "High Fidelity" den Durchbruch. Internationale Aufmerksamkeit bekommt er jedoch erst 2008, als er sowohl in "Abgedreht" zu sehen ist als auch eine Sprechrolle in "Kung Fu Panda" übernimmt. Seine Musikleidenschaft huldigt der Schauspieler nicht nur in Filmen wie "School of Rock",..
Jack Black gerät als kleiner Postangestellte Lemuel Gulliver in eine wundersame Welt. Die Bewohner sind hier um einiges kleiner, als er. Auf einmal der Größte zu sein, steigert sein Ego und so spielt sich Großmaul Gulliver vor den Liliputanern als Held auf. Regisseur Rob Letterman ("Monsters vs. Aliens") hat aus der Satire von Schriftsteller Jonathan Swift eine Komödie mit dem amerikanischen Klamaukdarsteller Black gemacht.
2024