Ann-Catherin Karg/Ricore Text
Horst Janson
Das Geheimnis seines Erfolgs
Interview: Horst Janson - nicht nur der Bastian
Horst Janson ist einer der bekanntesten deutschen Fernsehdarsteller. Der Grund für seine hohe Popularität liegt mit Sicherheit auch daran, dass er im Laufe seiner Karriere überwiegend sympathische Charaktere darstellte. Er war in der "Sesamstraße" zu sehen, ebenso wie in zahlreichen TV-Serien und Telenovelas. Mit uns sprach "Der Bastian" über Höhen und Tiefen seines Berufs, über die späte Heirat und über seine beiden Wunschkinder.
erschienen am 3. 08. 2010
Ann-Catherin Karg/Ricore Text
Horst Janson macht es sich während unseres Interviews bequem
Ricore: Herr Janson, verraten Sie uns das Geheimnis Ihres Erfolgs!

Horst Janson: Das weiß ich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich nicht verbiege. Ich versuche, in meinen Rollen so authentisch wie möglich zu sein. Die Folge ist, dass die Zuschauer glauben, dass ich tatsächlich das bin, was ich verkörpere. Für mich ist das ein großes Kompliment. Außerdem habe ich in meiner Karriere überwiegend sympathische Rollen gespielt.

Ricore: Unter anderem haben Sie bei "Um Himmels Willen" als Fußballer mitgewirkt. Ihre Figur lehnten Sie an Günter Netzer an. Warum?

Janson: Ich dachte an jemanden, der viele Tore geschossen hat. Auf Beckenbauer passte aber die Beschreibung schlecht, deswegen stellte ich mir Günter Netzer als Vorbild vor.

Ricore: Können Sie privat auch Fußball spielen?

Janson: Ich kann überhaupt nicht Fußball spielen. Ich versuchte mich mal als Torwart, aber auch da war ich sehr schlecht. In meiner Jugend spielte ich Wasserball. Ich war ein sehr guter Schwimmer und stand beim Wasserball im Tor.

Ricore: Sind Sie ein fanatischer Fußball-Fan?

Janson: Fanatisch bin ich nicht. Wenn die Deutschen spielen, dann drückt man schon mal die Daumen. Oder wenn der FC Bayern in einem internationalen Wettbewerb ist. Ich bin in Mainz geboren und als die Mainzer aufstiegen, hat mich das unheimlich gefreut. Denen drück' ich auch schon mal die Daumen. Ich habe aber andere Hobbys, die sehr zeitraubend sind. Ich gehe oft segeln, das ist mein Sport.
Thomas Ruddies
Horst Janson als Kapitän Jensen auf dem Royal-Clipper
Ricore: Was ist das Tolle am Segeln?

Janson: Segeln gibt einem das Gefühl von Freiheit, eine der letzten, die man in diesem Land genießen kann. Aber auch das wird durch Reglements und Verbote immer mehr eingeschränkt. Beispielsweise muss man alle zwei Jahre zum TÜV. Trotzdem, wenn man sich auf See befindet und geräuschlos dahingleitet, nur den Wind hört - das ist ein tolles Gefühl.

Ricore: Ist der Sport das Geheimnis Ihrer Jugend?

Janson: Oh, das ist ein Zusammenspiel von vielen Dingen. Zum einen liegt das wohl an meiner Veranlagung. Ich bin Zeit meines Lebens jünger geschätzt worden, als ich tatsächlich bin. Als ich den "Bastian" in der gleichnamigen Fernsehserie spielte, war ich 37 Jahre alt und damit eigentlich zehn Jahre zu alt für die Rolle. Keiner kam aber auf die Idee, dass ich zu alt sein könnte.

Ricore: Bleiben wir in der Vergangenheit. Sie haben bereits mit Gustaf Gründgens, Richard Burton und Tony Curtis gedreht. Welcher dieser Schauspieler hat Sie am meisten beeindruckt?

Janson: Gustaf Gründgens hat mich sehr beeindruckt. Wir spielten zusammen in "Das Glas Wasser", meinem zweiten Film. Mit dabei waren auch Liselotte Pulver und Hilde Krahl. Das war ein Riesenerlebnis. Ich bin sehr dankbar für diese Chance. Wenige Leute hatten die, weil Gründgens eigentlich keine Filme mehr drehte. International gesehen war Peter O'Toole sehr beeindruckend. Ich drehte auch mit Charles Bronson. Ihn fand ich wahnsinnig nett, er hatte eine direkte und natürliche Art.

Ricore: Erinnern Sie sich noch an eine Anekdote aus jener Zeit?

Janson: In "Zwei Kerle aus Granit" spielte neben Charles Bronson auch Tony Curtis mit. Während der Dreharbeiten fanden immer Pokerabende statt. Ich sollte dann auch mitspielen, aber die spielten ohne Limit. Als Hollywoodstars konnten sie es sich ja auch leisten, hoch zu pokern. Ich sagte, ich könnte nur mitspielen, wenn sie ein Limit setzen. Dann haben sie extra für mich ein Limit eingeführt.
Ann-Catherin Karg/Ricore Text
Er kann auch neckisch: Horst Janson
Ricore: Wer hat gewonnen?

Janson: Komischerweise habe ich oft gewonnen, obwohl ich bestimmt der schlechteste Pokerspieler war (lacht). Ich hatte einfach Glück.

Ricore: Hatten Sie damals daran gedacht, nach Hollywood zu gehen?

Janson: Wenn das so einfach wäre, dann hätten das sicher einige gemacht. Viele behaupten ja, nach Hollywood zu gehen, aber daraus wird meistens nichts. Ich habe sehr viel in England gedreht. Das ist alles schön und gut, aber letzten Endes ist es nicht die Muttersprache und es ist sehr schwer, Figuren in einer fremden Sprache glaubhaft umzusetzen. Einen Engländer zu spielen ist sowieso so gut wie unmöglich. Den Akzent kriegt man als Ausländer nie hin. Außerdem wollte ich die deutsche Sprache nicht missen. Ich hatte die Chance, nach England zu gehen, habe es aber nicht getan. Das, was ich dort gemacht habe, hat mir gereicht. Den Rest habe ich in Deutschland gemacht.

Ricore: Was fasziniert Sie nach wie vor an der Schauspielerei?

Janson: Ich liebe den Beruf. Ich spiele sehr oft Theater. Am liebsten wäre es mir, wenn man es abwechselnd machen könnte. Mal Theater, mal Freilichttheater - das ich auch sehr gerne mache - und natürlich Filme. Das sind tolle Sachen. Manchmal mache ich auch Hörbücher, wenn ich ein gutes Angebot bekomme. Der Beruf hat viele Facetten und wenn man die Möglichkeit hat, sie alle auszuüben, dann finde ich das optimal.

Ricore: Denken Sie ab und zu daran, in Rente zu gehen?

Janson: Nein, ich denke nicht daran. Ich denke eher daran, so lange zu spielen, wie es mir Spaß macht.
ZDF/Horst Janson
Horst Janson mit Bart in "Freundinnen für immer"
Ricore: Einige Schauspieler geraten mit der Rente in Finanznöte...

Janson: Viele Schauspieler haben eine gute Rente, da sie immer in die Kasse eingezahlt haben oder privat vorgesorgt haben. Als ich mit der Schauspielerei anfing, gab es das noch nicht. Es wurde keine Steuer und Sozialversicherung abgezogen. Man musste sich selber darum kümmern. Erst später wurde das gesetzlich geregelt. Mich hat das nicht besonders interessiert. Mit 20 oder 30 hatte ich andere Interessen, als mich darum zu kümmern, was sein wird, wenn ich 65 bin. Das war sicher ein Fehler, deswegen rate ich allen jungen Kollegen, es anders zu machen. Vor allem sollen sie sich arbeitslos melden, wenn sie nicht arbeiten. Wenn man das nicht tut, schmälert das die Rente enorm. Der Beitragssatz eines einigermaßen bekannten Schauspielers ist sehr hoch. Da kommt einiges zusammen. Nur wenn sie längere Pausen dazwischen haben und sie gehen nicht zum Arbeitsamt, dann entsteht eine Ausfallzeit. Diese wird ihnen nicht angerechnet, was sich negativ auf die endgültige Rente auswirkt.

Ricore: Wird es schwerer, mit zunehmendem Alter Rollen zu bekommen?

Janson: Nein, es wird nicht schwerer, es wird vielfältiger. Es sind zwar nicht immer Hauptrollen, aber es sind interessante Rollen.

Ricore: Wenn Sie zurückblicken, was war Ihre Lieblingsrolle?

Janson: Ich habe viele Lieblingsrollen, zum Beispiel die in "Das Wiegenlied der Verdammten". Darin spielte ich einen deutschen U-Boot-Kommandanten. Dann natürlich der Gründgens-Film. Aber auch "Bastian" spielte ich sehr gerne. Das war ein Highlight.

Ricore: Werden Sie oft auf "Der Bastian" angesprochen.

Janson: Mindestens einmal pro Tag (lacht).

Ricore: Was macht Ihnen mehr Spaß, die Arbeit am Theater oder im Fernsehen?

Janson: Auf jeden Fall besteht ein großer Unterschied zwischen Theater und Fernsehen. Der Hauptunterschied ist der, dass man im Theater das ganze Stück im Kopf haben muss. Im Fernsehen gibt es genaue Drehpläne, so dass man genau sehen kann, wann man dran ist. Entsprechend bereitet man sich auf seinen Einsatz vor.
ZDF/Horst Janson
Horst Janson in "Der Bastian"
Ricore: Im Fernsehen kann man im Fall von Texthängern die Szene wiederholen.

Janson: Die meisten Szenen werden nicht wegen der Schauspieler wiederholt, sondern wegen technischer Fehler. Wenn zum Beispiel ein Kameraschwenk nicht optimal war. Manchmal hängt das Mikrophon ins Bild rein und dergleichen. Natürlich gibt es die Situation, dass der Regisseur was auszusetzen hat. Telenovelas sind insofern anstrengend, als man hier wesentlich schneller arbeiten muss. Was man bei einem Spielfilm in zwei Stunden schafft, muss man hier in 20 Minuten fertig kriegen. Aus diesem Grund muss in einer Telenovela der Text perfekt sitzen. Es war eine ziemlich harte Erfahrung, die ich da gemacht habe.

Ricore: Darf ich Sie fragen, warum Sie erst mit 48 Jahren Vater geworden sind?

Janson: Das hat sich so ergeben (lacht). Ich kannte meine Frau, seit ich Ende 30 war. Sieben Jahre waren wir erst mal nur befreundet, bevor wir heirateten. Das haben wir gemacht, weil wir vor hatten, Kinder zu kriegen. Die Kinder sind also Wunschkinder und keine Betriebsunfälle (lacht).

Ricore: Sie sind seit 1982 verheiratet. Ungewöhnlich lange für das Filmbusiness...

Janson: So lange man sich liebt, bleibt man zusammen. Wenn man sich nicht mehr liebt, sollte man es sein lassen. Das ist meine feste Überzeugung. Das einzige Rezept, das ich habe, ist, dass man niemals versuchen sollte, seinen Partner umzukrempeln und ihn auf seine eigene Linie zu bringen. Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg. Wenn man am Partner rumnörgelt, dann geht das irgendwann in die Brüche.

Ricore: Schweißen härtere Zeiten zusammen?

Janson: Ja, schwere Zeiten können zusammenschweißen.

Ricore: Gibt es manchmal einen Generationenkonflikt zwischen Ihnen und Ihren Töchtern?

Janson: Ich kann immer nur beratend tätig sein. Immer wenn mir irgendetwas nicht passt, dann sage ich: Ich mach' dir mal einen Vorschlag und du musst entscheiden. Entweder sie sagen, dass der Vorschlag nicht schlecht ist und befolgen ihn oder sie machen es doch anders. Gewisse Erfahrungen müssen junge Menschen selber machen. Es ist auch nicht schlecht, wenn sie Fehler begehen. Wenn sie alles vorgesagt bekommen, lernen sie wenig.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 3. August 2010
Zum Thema
Mit 25 Jahren ergattert Horst Janson eine Rolle in Helmut Käutners "Das Glas Wasser". Im Musical spielt er neben Gustaf Gründgens, einem der umstrittenen Schauspieler Deutschlands. Die Karriere des schlanken Blonden ist ins Rollen gebracht, einem breiten Publikum wird er Anfang der 1970er Jahre durch die TV-Serie "Der Bastian" bekannt. Darin gibt der damals 37-Jährige den studentischen Titelhelden, der zu seiner Paraderolle wird. Janson sagt, er werde bis heute jeden Tag mindestens ein Mal..
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