Armen Assedorian
Thomas Morris
Thomas Morris mag Herausforderungen
Interview: Der Mix macht's
Thomas Morris ist ein Mann mit vielen Talenten. Er spielt in großen Hollywoodproduktionen, macht aber auch Fernsehen und Theater. Als Autor von Kurzgeschichten und Drehbüchern wird er selbst zum Geschichtenerzähler. Morris legt viel Wert auf Abwechslung. In unserem Interview verrät uns der Schauspieler, was man von seinem Beruf fürs Leben lernen kann und warum es manchmal gut ist, nichts zu sagen. Die Bestsellerverfilmung "Illuminati", in der Morris einen Schweizer Gardisten spielt, startet im Mai 2009 in den Kinos im deutschsprachigen Raum.
erschienen am 12. 05. 2009
Sony Pictures
Illuminati
Ricore: Kannten Sie die Bücher von Dan Brown zu "Illuminati" vor Drehbeginn?

Thomas Morris: Ja. "Illuminati" hatte ich einige Jahre zuvor gelesen. Das war das einzige Dan Brown Buch, das ich kannte.

Ricore: Beschäftigen Sie sich mit dem Thema Religion?

Morris: Nein, mit Religion im eigentlichen Sinne nicht. Ich habe durchaus einen Bezug zu Gott, aber nicht im Sinne einer Kirche.

Ricore: Wie war die Arbeit mit Regisseur Ron Howard? Können Sie uns etwas über die Atmosphäre am Set sagen?

Morris: Das war die angenehmste Dreherfahrung, die ich in meiner Karriere bis jetzt hatte. Es war von den Rahmenbedingungen perfekt. Ich habe zuvor noch nie erlebt, dass alles gepasst hat. Ron Howard war und ist selbst Schauspieler, dadurch kennt er alle Seite des Geschäfts. Er hat vor und hinter der Kamera gearbeitet und weiß wie man Schauspieler motiviert. Er liebt Schauspieler und ist ein Harmonie bedürftiger Mensch. Ihm ist es wichtig, dass eine gute Stimmung am Set herrscht. Dementsprechend werden auch nur bestimmte Leute engagiert. Ich habe selten zwei herzlichere und freundlichere Monate erlebt als bei diesen Dreharbeiten.

Ricore: Sie spielen in Hollywoodfilmen, aber auch in Fernsehproduktionen mit. Woran machen Sie die Unterschiede fest?

Morris: Einfach gesagt, am Budget. Die Größe des Budgets hat Auswirkungen auf alles. Je größer das Budget eines Films ist, desto genauer und langfristiger wird daran gearbeitet. Das Risiko viel Geld zu verlieren, ist dann ja auch größer. In Hollywood steckt oft privates Geld in den Filmen, was in Deutschland eher selten der Fall ist. Dadurch wird sich gegen einen möglichen Verlust stärker abgesichert. Das Drehbuch wird endlos lange vorbereitet, eben bis es perfekt ist. Im Fall von Tom Tykwers "The International", in dem ich auch eine kleine Rolle hatte, wurde acht Jahre am Drehbuch geschrieben. Das ist der Unterschied zwischen einer großen und einer kleinen Produktion. Man muss erst einmal das Geld haben, einen Film jahrelang vorzubereiten.
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Thomas Morris (r.) mit einem Schauspielkollegen auf der Weltpremiere von "Illuminati" in Rom
Ricore: Wie ist das für Sie als Schauspieler? Improvisieren Sie bei kleineren Filmen mehr?

Morris: Gezwungenermaßen. Oft sind die Dinge nicht so, wie sie gedacht waren. Die Bücher sind oft nicht so gut ausgearbeitet, man muss schnell mal was adaptieren, was umschreiben oder sich mundgerecht machen. Dann fällt manchmal einfach ein Drehort weg und der Ersatzdrehort sieht anders aus und man muss gewisse Dinge anders spielen. Je kleiner das Budget ist, desto mehr wird man zum improvisieren gezwungen. Bei einem großen Film wie "Illuminati" ist alles so perfekt geplant, dass es keine Überraschungen gibt. Wenn man dazu noch im Studio dreht, ist alles viel berechenbarer. Es gibt zum Beispiel keine Licht- oder Lärmprobleme.

Ricore: Sie sind gerade mit "Mörderische Phantasien" auf Theatertournee. Was bedeutet das Theaterspielen für Sie?

Morris: Ich habe vor dieser Tournee zwölf Jahre kein Theater gespielt und es ist überhaupt meine erste Tournee. Es ist ein komplett anderer Beruf, merke ich gerade. Das ist insofern schwer zu erklären, weil Tournee-Theater auch noch einmal anders ist als Theater. Vom Prinzip ist Theater auch ganz anders als Film. Ich muss beim Theater jedes Wort so laut sagen, dass man es bis in die letzte Reihe hört. Aktuell in dem Stück habe ich eine Liebesszene, in der ich "Ich liebe dich" sagen muss. Beim Film könnte ich das leise und zart machen, beim Theater muss ich laut sprechen. Das ist technisch immer wieder eine Herausforderung. Es ist eine ganz andere Arbeitsweise. Letztlich ist es aber die Wurzel des Schauspielberufs. Gerade Tournee-Theater. Früher sind die Schausteller, Schauspieler auf einem Planwagen durch das Land gefahren und haben ihre Zelte aufgeschlagen. Das machen wir heute immer noch, aber zum Glück motorisiert.

Ricore: Sie haben in dem Science-Fiction Kurzfilm "Real Buddy" mitgespielt. Können Sie uns etwas darüber erzählen?

Morris: Ich habe den Film noch nicht gesehen und kann daher nicht viel darüber sagen. Er war sehr Technikorientiert. Ich glaube aber auch nicht, dass er schon raus ist.
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Szene aus "Illuminati" mit Tom Hanks
Ricore: Bevorzugen Sie Rollen mit viel Dialog oder suchen Sie eher körperliche Herausforderungen?

Morris: Das ist schwierig zu sagen. Prinzipiell finde ich immer je weniger man reden muss, desto besser. John Wayne hat auf die Frage, was sein Geheimnis ist, geantwortet: "Talk low, talk slow and don't say much." Je weniger ich reden muss, desto filmischer ist es. Das ist zum Beispiel auch ein Unterschied zwischen Film und Fernsehen. Im Fernsehen muss alles ausgesprochen werden. Wenn ein Fernsehzuschauer aufsteht und in die Küche geht, um sich ein Bier zu holen, muss er trotzdem noch mitkriegen, worum es geht. Die Kunst ist, finde ich, möglichst viel ohne Worte zu erzählen. Wenn es schön geschriebene Dialoge sind, sag ich sie auch gerne. Das macht mir auch Spaß. Allerdings mag ich Rollen, die mich körperlich herausfordern sehr gerne, weil Film immer Sitzen und Warten bedeutet. Ich habe vor eineinhalb Jahren einen Hochschulabschlussfilm für die London Film School gedreht, da habe ich einen Wilderer in den bayrischen Bergen gespielt. Da haben wir eine Woche oder zehn Tage draußen im Schnee gedreht. Das war toll. Ich finde es großartig, wenn eine Rolle mir etwas abverlangt.

Ricore: Sie arbeiten auch als Schriftsteller und Drehbuchautor. Ist das Schreiben für Sie ein Ausgleich zum Schauspielberuf?

Morris: Ich habe schon als Kind oder Jugendlicher mit dem Schreiben begonnen. Früher habe ich auch Musik geschrieben. Für mich war das immer ein natürlicher Prozess, Dinge die mich beschäftigen, zu Papier zu bringen. Das war für mich immer ein Weg, Sachen für mich und mit mir zu klären. Dadurch habe ich viel über mich und die Situation in der ich mich befinde verstanden.

Ricore: Schreiben Sie aus diesem Grund auch den Blog?

Morris: Das habe ich mal angefangen, aber ich komme aus zeitlichen Gründen nicht mehr so oft dazu. Vor zweieinhalb Jahren habe ich damit begonnen und fand das sehr spannend. Mittlerweile nutze ich den Blog hauptsächlich für Ankündigungen und Neuigkeiten. Bei einem Blog muss man aktuell sein und darunter leidet oft die Qualität. Viele Sachen die ich vor Monaten geschrieben habe, haben mir beim Wiederlesen nicht mehr gefallen. Der Blog ist nicht so mein Medium. Ich finde es gibt auch viel zu viele davon mittlerweile.
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Tom Hanks auf der Spur von geheimen Reliquien
Ricore: In Ihren Kurzgeschichten geht es auch um Ihren Beruf als Schauspieler. Kann man vom Schauspielberuf etwas fürs Leben lernen?

Morris: Das ist eine philosophische Frage. William Shakespeare hat geschrieben: "Die ganze Welt ist Bühne, alle Frauen und Männer bloße Spieler. Sie treten auf und gehen wieder ab. Jeder spielt im Leben viele Rollen." Von diesem Satz, den ich für sehr klug, weise und spirituell halte, kann man ableiten, dass die Menschen sowieso in jeder Situation spielen. Das bedeutet, dass ein Schauspieler als Schauspieler einen Schauspieler spielt. Das ist relativ kompliziert, aber spannend und interessant. Vielleicht ist Schauspielen ohnehin das Einzige was wir tun. Nur die Schauspieler wissen das. Es klingt so vermessen, wenn ich sage, ich lerne was fürs Leben in meinem Beruf. Jeder lernt was fürs Leben in seinem Beruf. Jeder muss in seinem Beruf den Umgang mit anderen Menschen und Gegebenheiten lernen.

Ricore: Sind Sie auch deshalb Schauspieler geworden?

Morris: Einer der Gründe, warum ich den Beruf ergriffen habe ist, dass er mir die Möglichkeit gibt, sehr viele unterschiedliche Dinge zu erleben. Wenn ich, wie in "Illuminati", einen Schweizer Gardisten spiele, habe ich die Möglichkeit darüber etwas darüber zu erfahren. Das würde ich wahrscheinlich sonst im Leben nie können. Damit lerne ich was. Das geht mir bei vielen Rollen so, dass ich einen Zugang zu Berufen bekomme, den ich sonst im Privatleben nicht hätte.

Ricore: Sie machen viele unterschiedliche Sachen. Bevorzugen Sie eine davon?

Morris: Ich finde der Mix macht's (lacht). Für mich ist Abwechslung spannend und interessant. Ich bin ein Mensch der Abwechslung braucht. Ich reduziere mich nicht so gerne auf eine Sache. Ich spüre verschiedene Dinge in mir, die zum Ausdruck kommen wollen und die da sind. Wenn ich nur eins bedienen könnte, würde mich das auf Dauer einschränken. Je abwechslungsreicher, je bunter, desto lieber.
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Der Vatikan verbot die Dreharbeiten zu "Illuminati" in römischen Kirchen
Ricore: Sie sind relativ groß für einen Schauspieler (1,90 m). Gab es deswegen mal Probleme?

Morris: Ich konnte im Tom Cruise Film ["Operation Walküre"; A.d.Red.] nicht mitspielen. Da durfte keiner deutlich größer sein als er. Es kommt halt immer drauf an. Tom Hanks ist zum Beispiel selbst relativ groß, dadurch kann das Ensemble drum herum auch größer sein. Im Film wird immer nach dem Hauptdarsteller besetzt. Beim Theater gibt es den Spruch: Den König kann man nicht selbst spielen, den König spielen die Anderen. Beim Film ist das Bild verdichtet. Deswegen muss es abgestimmt werden. Menschen die 1,75 m oder 1, 78 m groß sind haben es beim Film tendenziell leichter, weil sie in der Mitte liegen.

Ricore: Sie leben in Los Angeles und Berlin. Fühlen Sie sich manchmal heimatlos?

Morris: Ja, manchmal schon. Wobei ich mich da, wo ich gerade bin, auch zu Hause fühle. Ich lebe in beiden Städten schon recht lange und habe Freunde und Strukturen. Aber ich könnte nicht sagen, wo ich den Rest meines Lebens verbringen wollte. Es ist schwer zu sagen, was Heimat ist. Letztendlich bleibt es das, wo ich herkomme und das ist Wien.

Ricore: Ist es eigentlich schwierig, zwischen englisch- und deutschsprachigen Produktionen zu wechseln? Gehen Sie an Produktionen anders heran, wenn Sie eine andere Sprache sprechen?

Morris: Nein, das kann ich nicht sagen.

Ricore: Kommen demnächst weitere Projekte von Ihnen heraus?

Morris: Ich glaube nicht. Die Fernsehfilme, die ich gemacht habe, sind gelaufen. Der Polizeiruf lief im Januar. Ansonsten kommt "Illuminati" im Mai 2009 in die Kinos.

Ricore: Was reizt Sie an einem Projekt?

Morris: Es gibt verschiedene Kriterien, warum ich ein Projekt annehme. Entweder ist das Buch so toll geschrieben, dass es mich begeistert oder es ist eine Rolle, die ich noch nie gespielt habe und immer schon spielen wollte. Es kann auch sein, dass ich schon immer mit einem bestimmten Regisseur oder Kollegen arbeiten wollte. Manchmal reizt mich auch der Drehort oder das Geld stimmt. Einer der Punkte müsste schon erfüllt sein, am besten natürlich mehrere.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 12. Mai 2009
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Thomas Morris wurde 1966 in Wien geboren. Er arbeitete zunächst als Landschaftsarchitekt, bevor er von 1987 bis 1990 die Schauspielklasse des Franz-Schubert-Konservatoriums in Wien besuchte. Bereits während seiner Schauspielausbildung hatte er erste Theaterengagements an den Wiener Kammerspielen und seine erste Filmrolle in "Fleischwolf" von Houchang Allahyari, mit dem er im Laufe der Jahre noch zwei weitere Filme drehte. 1993 spielte Morris Grun, den Adjutanten des Lagerkommandanten Amon..
2024