Andrea Niederfriniger/Ricore Text
James Marsden
James Marsden über sein Leben als Prinz
Interview: Ich würde gerne böse sein
Er ist unglaublich gut aussehend und erfolgreich. Nach seinen Rollen als Cyclops in der "X-Men Trilogie" wurde er zum schleimigen Corny Collins in "Hairspray" und anschließend zum Traumprinzen Edward im Märchen "Verwünscht". Er ist der Meinung, dass alle guten Dinge unerwartet passieren und bestätigt das mit einer Geschichte über die Liebe. James Marsden berichtete uns, wie es sich als Prinz lebt, was seine Kinder von seinem Ausflug ins Märchenland halten und wie es dazu kam, dass er einem Freund die Freundin ausspannte.
erschienen am 20. 12. 2007
Walt Disney
James Marsden in: "Verwünscht"
Ricore: Wie fühlt man sich als Prinz?

James Marsden: Es ist sehr nervenaufreibend. Eigentlich habe ich mich für nicht wirklich qualifiziert für das Prinzentum gehalten. Nein, jetzt mal im Ernst. Es war ein wirklich lustiger Film und es hat sehr viel Spaß gemacht, diese Rolle zu spielen. Vielleicht weil es eben eine sehr besondere Rolle ist. Schon als ich das Drehbuch gelesen habe, wusste ich, wie ich den Prinzen darstellen würde. Darin wird er als typischer Disney-Prinz beschrieben, war aber gleichzeitig auf gewisse Weise eine Karikatur desselben. Das Publikum sollte mitbekommen, dass wir uns viel und gerne über uns selbst lustig machen.

Ricore: Wie würden Sie Prinz Edward charakterisieren?

Marsden: Er ist eine Person, die von einem unschuldigen Narzissmus getrieben ist. Er ist sehr selbstsicher. Das ist jedoch nicht so ausgeprägt, als dass man ihn als arrogant beschreiben könnte. Er ist eine naive Person, seine Absichten sind immer rein und gut. Obwohl er von sich selbst denkt, er wäre der beste Prinz der Welt, ist es sehr schwierig, ihn nicht zu mögen. Er ist eben eine unschuldige Person. Das hat mir besonders an der Rolle gefallen. Ich war mir sicher, dass ich ihn genau so darstellen könnte. Manche Szenen spiegeln genau das wider. Ein Prinz, der denkt, er wäre unbesiegbar und der beste Prinz der Welt wird nur Sekunden später von Fahrradfahrern umgefahren.

Ricore: Was mussten Sie für die Rolle lernen? Sie hantieren ja mit einem Schwert und müssen auch die Haltung eines Prinzen wahren.

Marsden: Für diverse Szenen haben wir mit einem Choreographen gearbeitet. So zum Beispiel für die Ball-Szene, in der wir alle tanzen. Ich hab außerdem viel alleine mit dem Choreographen gearbeitet. Er erklärte mir, wie meine Haltung sein sollte, wie das Schwert zu halten ist und so weiter. Doch ich brachte auch viele eigene Ideen in meine Rolle ein. Ich hab mir überlegt, wie der Prinz in bestimmten Momenten gehen oder stehen sollte und ähnliches. Im Ganzen war es keine Rolle, für die ich besonders viel lernen musste. Sie beschränkte sich größtenteils auf spontane Eingebungen meinerseits. Natürlich ist klar, dass ein Prinz gut mit einem Schwert umgehen muss, ebenso wie er den Walzer perfekt tanzen können muss. Das waren dann die Dinge, die ich extra lernen musste. Mit einem Schwert zu hantieren kann ja auch gefährlich sein. Um mich also nicht selbst zu verletzen, ließ ich mich unterrichten. Im Endeffekt hat die Rolle des Prinzen richtig Spaß gemacht und mich auch persönlich weitergebracht.

Ricore: Allerdings mussten Sie nicht reiten, was doch auch zu den Aufgaben eines typischen Prinzen gehört.

Marsden: Das stimmt und ist auch gut so, weil ich auf Pferde allergisch reagiere.
Walt Disney
Verwünscht
Ricore: Was halten Ihre Kinder davon, dass ihr Papa den Prinzen spielt?

Marsden: Sie finden es toll. Meine Tochter ist aber erst zwei Jahre alt und bekommt von meinem Job noch nicht richtig viel mit. Mein Sohn ist sechs, er ist begeistert. Auf der anderen Seite ist es ihm nicht ganz geheuer, mich auf dem Bildschirm zu sehen. Ich muss ihm dann genau erklären, dass das mein Beruf ist. Dass ich dafür bezahlt werde so zu tun, jemand anders zu sein. Er ist mit seinen sechs Jahren einfach noch nicht so weit, zu verstehen, dass ich dieses andere Mädchen einfach nur küsse, weil es zu der Figur gehört, die ich spiele. Er fragt sich natürlich, warum ich nicht nur seine Mutter küsse. Aber ich verlange von einem Sechsjährigen auch gar nicht, diese Zusammenhänge zu verstehen. Wenn meine Kinder erst ein paar Jahre älter sind, werden sie es verstehen.

Ricore: Spielen Ihre Kinder bei der Auswahl Ihrer Filme eine Rolle?

Marsden: Zumindest bei diesem Film war es so. Ausschlaggebend war zudem, dass ich Disney-Filme unheimlich gerne schaue. In Gesellschaft meiner Kinder schaue ich überhaupt keine anderen Filme. Ich schaue sie mir immer wieder an und kann gar nicht genug davon kriegen. Ich mag die Disney-Charaktere sehr. Mir hat allein schon die Idee gefallen, einen Film zu drehen, den auch meine Kinder anschauen können. Im Grunde habe ich den Film für meine Kinder gemacht.

Ricore: Was halten Sie von Ihrer Trickfilmfigur?

Marsden: Ich liebe und ich hasse sie. Auf der einen Seite ist es ein gutes Gefühl, von jemandem gezeichnet zu werden, der eine Zeichentrickfigur aus einem macht. Was mir nicht gefällt ist, dass er viel besser aussieht als ich (lacht). Im Anzug sieht er einfach gut aus. Ich kenne nicht wirklich viele Leute, die sagen können, dass es eine Zeichentrickfigur von ihnen gibt. Für mich ist es eine Ehre, mein Ebenbild als Zeichentrickfigur zu haben, eine kleine Person, die irgendwo im riesengroßen Disney-Märchenland herumläuft. Auch wenn sich Prinz Edward von anderen Disney-Figuren in dem Sinne unterscheidet, dass er eine Karikatur seiner selbst ist. Es ist sehr aufregend, seine eigene Trickfilmfigur zu haben.

Ricore: Sind Sie stolz auf Ihre Prinz-Edward-Trickfilm-Figur?

Marsden: Ein Trickfilm-Alter-Ego zu haben ist allein deshalb schon großartig, da ich ein absoluter Fan von allen Disney-Filmen bin und schon immer bei einem mitspielen wollte. Für mich wäre schon ein Wunsch in Erfüllung gegangen, hätte ich lediglich einem Charakter meine Stimme geliehen. In "Verwünscht" kann ich beide Dinge machen und selbst daran teilhaben.

Ricore: In Ihrem nächsten Film "Alibi" spielen Sie einen Mann, der seine Freundin umbringt.

Marsden: Ja, es ist eine schwarze Komödie.
Walt Disney
James Marsden als liebestoller Prinz
Ricore: Haben Sie es satt, immer den netten jungen Mann zu spielen?

Marsden: Nein, überhaupt nicht. Aber ich habe in meiner Karriere nicht nur nette Charaktere gespielt. In letzter Zeit allerdings häufiger, das muss ich zugeben. Ich versuche immer, meine Rollen abwechslungsreich auszuwählen. Manchmal macht es einfach am meisten Spaß, den Schurken zu spielen. In "Alibi" spiele ich so einen Schurken. Aber ich habe auch im Vorfeld schon einige bösartige Charaktere gespielt.

Ricore: Vielleicht wie Cyclops in "X-Men"?

Marsden: Cyclops ist zwar nicht der netteste der Truppe, trotzdem ist er ein Superheld. In "Tödliche Gerüchte", einem Film den ich mit Kate Hudson gedreht habe, habe ich einen richtig fiesen Schurken gespielt.

Ricore: Ist es positiv oder negativ so gut auszusehen?

Marsden: Ich könnte nie sagen, dass es negativ ist, denn in meinem bisherigen Leben war es immer ein Gewinn. Die Rolle des Schurken hängt jedoch nicht vom Aussehen ab, denn Bösartigkeit ist ein Geisteszustand. Ich glaube nicht, dass mein Aussehen mich davon abhalten könnte, irgendwann mal wieder einen Schurken zu verkörpern. Trotzdem würde ich natürlich nicht behaupten, dass gutes Aussehen ein negativer Aspekt ist. Für mich war es immer hilfreich. Ich fühle mich nicht so wohl, über mein Aussehen zu sprechen (lacht). Das finde ich irgendwie arrogant.

Ricore: "Verwünscht" zählt nicht zu den typischen Disney-Filmen.

Marsden: Das stimmt. Es ist sozusagen eine Weiterentwicklung Disneys. Ich finde es sehr sympathisch, dass Disney sich auch über sich selbst lustig machen kann. Trotz allem schmälert "Verwünscht" nicht die früheren Werke, der Film ist viel eher eine Hommage an Disney-Klassiker. Mit Hilfe der modernen Welt, in der "Verwünscht" spielt, macht der Film sich zudem über sich selbst lustig. Ich finde, das ist eine gesunde Einstellung. Und natürlich gibt es auch in diesem Film die klassischen Elemente, wie wir sie von allen Disney-Filmen kennen. So sieht man zum Beispiel den Prinz und die Prinzessin auf einem Ball miteinander tanzen. Hier hat der moderne Prinz eben kein königliches Outfit oder ein Schwert, was daran liegt, dass es ein neuer Typ Prinz ist. Liebe kommt oftmals gänzlich unerwartet und kann eine Form annehmen, die man sich selbst nie erträumt hätte.

Ricore: Wie war das erste Date mit Ihrer Frau? Was haben Sie unternommen?

Marsden: Nun ja, meine Frau ist zunächst mit einem Freund von mir ausgegangen, was die ganze Sache etwas schwierig oder sogar unmoralisch machte. Aber wir waren ja erstmal nur Freunde. Unser erstes Date hat sich nicht mal wie ein richtiges Date angefühlt, weil wir uns schon seit Ewigkeiten kannten. Wir machten einen Ausflug nach Santa Barbara, verbrachten die Zeit am Strand und wohnten in einem Hotel. Unsere Beziehung ist nach und nach gewachsen. Wir haben uns zwar innerhalb einer Freundschaft gefunden, aber dennoch nicht eines Morgens besprochen, dass wir jetzt ein Paar sind. Das passierte sehr unerwartet. Wie schon erwähnt, in dieser Beziehung ist mir unerwartet etwas wirklich Gutes passiert.
Walt Disney
James Marsden ist "Verwünscht"
Ricore: Wie sind ihre Karrierepläne?

Marsden: Ich versuche, die besten Entscheidungen zu treffen, die innerhalb der Möglichkeiten liegen, die mir angeboten werden. Für mich ist es interessant erst einen "X-Men"-Film zu machen und anschließend etwas komplett anderes wie "Hairspray" oder "Verwünscht". Ich mag die neuen Herausforderungen an meinem Beruf. Das ist das, was mir am meisten Spaß macht. Ich muss natürlich auch der Welt, in der ich lebe, meinen Beitrag leisten, und auch der Filmindustrie, in der ich arbeite, etwas zurückgeben. Ich möchte nicht gerne in einen bestimmten Bereich gedrängt und immer nur für die gleichen Rollen ausgewählt werden. Ich bin ein Schauspieler und meine Aufgabe ist es, immer wieder in neue und andere Rollen zu schlüpfen. Meine Intention ist, eine Rolle zu finden, die meine vorherige ergänzt.

Ricore: Gibt es eine bestimmte Rolle, die Sie unbedingt mal spielen möchten?

Marsden: Sicher - ich versuche, Ihnen ein paar Beispiele zu nennen. Etwa die Rolle des Schurken in "Departed - Unter Feinden". Viel lieber mag ich allerdings Matt Damons Rolle in der "Die Bourne Identität". Die hätte ich mit Vergnügen übernommen. Ich würde auch gerne mal in einem politischen Thriller mitspielen, wie "Der Marathon-Mann" oder "Die drei Tage des Condor", Filme aus den 1970er Jahren. Das wären Rollen, die ich ausgesprochen gerne mal übernehmen würde.

Ricore: Gehören Robert Redford und Dustin Hoffman zu Ihren Idolen?

Marsden: Auf jeden Fall. "Die Unbestechlichen" gehört zu meinen absoluten Lieblingsfilmen. Es ist ein brillanter Film mit extrem guten schauspielerischen Leistungen. Dustin Hoffman und Robert Redford, sind großartige Schauspieler, mit denen ich sehr gerne mal zusammenarbeiten würde.

Ricore: Gibt es auch einen Regisseur, mit dem Sie gerne einen Film machen würden?

Marsden: Da gibt es einige. Paul Greengrass, der derzeit wahrscheinlich zu den größten Regietalenten gehört, die wir haben. Die Coen-Brüder, Martin Scorsese, Steven Spielberg, Robert Rodriguez und so weiter sind auch extrem gute Regisseure. Paul Thomas Anderson gehört auch zu meinen Lieblingsregisseuren. Sobald ich diesen Raum verlassen habe, fallen mir mit Sicherheit zehn weitere ein. Im Grunde bedeutet die ultimative Karriere für mich, mit den besten Regisseuren zusammenarbeiten zu können. Das ist mir sogar noch viel wichtiger als das Drehbuch. Ein sehr gutes Drehbuch hilft überhaupt nicht weiter, wenn der Regisseur nicht weiß, was er daraus machen will. Nur anders herum funktioniert es. Man kann aus einem schlechten Drehbuch immer noch einen großartigen Film machen.

Ricore: Mögen Sie es, ein Star zu sein und ständig erkannt und angesprochen zu werden?

Marsden: Den Star-Status konnte ich noch nie richtig leiden. Diesen ganzen Ruhm wollte ich eigentlich nur, als ich noch jünger war. Heutzutage würde ich dem gerne komplett aus dem Weg gehen können.

Ricore: Vielen Dank für das Interview!
erschienen am 20. Dezember 2007
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